Warum das Handelszyklusmanagement im Jahr 2026 von entscheidender Bedeutung sein wird
- Paul Bennett 
- vor 14 Stunden
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Da die Margen sinken und der Wettbewerb zunimmt, müssen herstellereigene Finanzierungsgesellschaften und nun auch unabhängige Kreditgeber technologiegetriebene Strategien über mehrere Lebenszyklen hinweg anwenden, um aus Einzelverkäufen wiederkehrende Gewinnströme zu generieren, schreibt Paul Bennett von der Beratungsfirma Madox Square.
Die profitabelsten herstellereigenen Finanzierungsgesellschaften behandeln Fahrzeuggeschäfte nicht mehr als einmalige Transaktionen. Durch die Integration des Trade Cycle Managements in Technologie, Prozesse und Denkweise können Kreditgeber und Händlernetzwerke Rückkäufe beschleunigen, aus jedem Fahrzeug vielfältige Finanzierungs- und Aufbereitungserlöse generieren und die Kundenbindung von einer intuitiven zu einer messbaren Leistung transformieren. Angesichts des nahenden Jahres 2026 skizziert Paul Bennett die erforderlichen Plattform-, Prozess- und Kulturveränderungen, um die Wirtschaftlichkeit über den gesamten Lebenszyklus hinweg zum Kern zukünftiger Rentabilität zu machen.
Die Automobilfinanzierungslandschaft hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten grundlegend gewandelt, doch ein Prinzip bleibt konstant: Die erfolgreichsten herstellereigenen Finanzierungsgesellschaften sind diejenigen, die Kundenbeziehungen nicht als einzelne Transaktionen, sondern als fortlaufende Partnerschaften über mehrere Fahrzeuglebenszyklen hinweg betrachten.
Im Jahr 2025, mit sinkenden Margen und zunehmendem Wettbewerb, hat sich das Trade Cycle Management (TCM) von seinen Anfängen Mitte der 2000er-Jahre zur zentralen Strategie für maximale Rentabilität und Kundenbindung im Bereich der herstellereigenen Autofinanzierung entwickelt. Auch unabhängige Finanzierer setzen TCM nun erstmals ein.
Das Multi-Lifecycle-Paradigma
Das traditionelle Modell der Autofinanzierung – Auto verkaufen, Finanzierung bereitstellen, Vertragsablauf abwarten – hat einem deutlich differenzierteren Ansatz Platz gemacht. Führende herstellereigene Finanzierungsgesellschaften verfolgen heute eine Strategie mit drei Lebenszyklen, die die Wirtschaftlichkeit der Fahrzeugfinanzierung, die Beziehungen zu Händlern und die Gesamtrentabilität grundlegend verändert. Denn jeder neu verkaufte Autofinanzierungsvertrag generiert, bei korrekter Abwicklung, ein Gebrauchtfahrzeug, das vom ursprünglichen Händler aufbereitet und mit einem weiteren Finanzierungsvertrag weiterverkauft wird.
Beschleunigung des Wiederkaufs
Vor diesem Hintergrund betrachten wir den Lebenszyklus eines einzelnen Fahrzeugs. In der ersten Phase wird ein Neuwagen über eine subventionierte Finanzierungslösung des herstellereigenen Finanzierungsunternehmens an einen Kunden geleast. Dieses vom Hersteller unterstützte Finanzierungspaket macht das Fahrzeug für den Kunden finanziell attraktiv und zugänglich und schafft gleichzeitig den entscheidenden ersten Kontaktpunkt für eine langfristige Kundenbeziehung.
Nach etwa zwei bis drei Jahren schließt der Kunde einen weiteren subventionierten Leasingvertrag für einen Neuwagen ab, während sein ursprüngliches Fahrzeug als Gebrauchtwagen wieder in den Bestand aufgenommen wird. Nach insgesamt fünf bis sechs Jahren Leasingverträgen kehrt das ursprüngliche Fahrzeug schließlich für seinen dritten und letzten Verkaufszyklus an das Händlernetz zurück und wird diesmal konventionell finanziert, typischerweise über einen drei- oder vierjährigen Mietkauf oder Ratenkredit.
Diese elegante Choreografie, unterstützt durch geeignete Technologie, beschleunigt den Fahrzeugrückkauf und generiert drei separate Finanzierungsgewinne und zwei Aufbereitungsgewinne aus demselben Vermögenswert.
Die hauseigene Finanzierungsgesellschaft und das Händlernetzwerk profitieren effektiv von dreifacher Wertschöpfung, indem sie ein einzelnes Fahrzeug von einer einmaligen Transaktion in eine wiederkehrende Einnahmequelle verwandeln. Diese Optimierung ist jedoch kein Zufall. Sie erfordert einen gezielten, technologiegestützten Ansatz im Bereich des Fahrzeugkaufmanagements.
Die Entwicklung der TCM-Technologie
Die Entstehung moderner TCM-Technologieplattformen Anfang bis Mitte der 2000er-Jahre markierte einen Wendepunkt für die Branche. Mit dem Aufkommen wegweisender SaaS-Lösungen, die später von Branchengrößen wie Volkswagen Financial Services und Daimler Mobility übernommen wurden , schlossen spezialisierte Anbieter eine entscheidende Marktlücke. Vor diesen Plattformen arbeiteten herstellereigene Finanzierungsgesellschaften und Händlernetzwerke weitgehend isoliert voneinander, Kundendaten waren über verschiedene Systeme fragmentiert und Kundenlebenszyklusereignisse wurden reaktiv statt proaktiv gesteuert.
Die erste Generation von TCM-Plattformen integrierte Kundendaten, Fahrzeuginformationen und Vertragsdetails in einheitliche Systeme, die kritische Momente im Besitzprozess vorhersagen und steuern konnten. Diese Lösungen ermöglichten es Finanzunternehmen in Zusammenarbeit mit ihren Händlern, den optimalen Zeitpunkt für die erneute Kundenansprache zu identifizieren und so den Änderungszyklus zu beschleunigen – oft 12 bis 18 Monate vor Ablauf des ursprünglichen Finanzierungsvertrags.
Moderne TCM-Plattformen haben sich erheblich weiterentwickelt und integrieren fortschrittliche Analysen, künstliche Intelligenz sowie die nahtlose Anbindung an Händlerverwaltungssysteme, CRM-Plattformen und Herstellerdaten. Das grundlegende Wertversprechen bleibt jedoch unverändert: Transparenz über den gesamten Kundenlebenszyklus hinweg und proaktive Kundenansprache zum genau richtigen Zeitpunkt.
Die Dreifaltigkeit aus Technologie, Prozess und Denkweise
Technologie allein, so hochentwickelt sie auch sein mag, kann die versprochenen Vorteile des Handelszyklusmanagements nicht erbringen. Erfolg erfordert das Zusammenspiel dreier Elemente: die richtige Plattform, geeignete Geschäftsprozesse und – vielleicht am wichtigsten – die richtige organisatorische Denkweise.
Anforderungen an die Technologieplattform
Eine effektive TCM-Plattform muss als zentrale Steuerungsinstanz für das Kundenlebenszyklusmanagement fungieren. Zu den Kernfunktionen gehören die Echtzeit-Transparenz der Vertragslaufzeiten im gesamten Portfolio, prädiktive Analysen zur Identifizierung transaktionsbereiter Kunden, automatisiertes Workflow-Management für die zeitnahe Kundenansprache, die Integration mit Fahrzeugbewertungssystemen zur Optimierung von Entscheidungen am Vertragsende sowie umfassende Berichte zur Verfolgung von Kundenbindungsraten und der Rentabilität über den gesamten Lebenszyklus.
Die Plattform muss zudem die Zusammenarbeit zwischen dem herstellereigenen Finanzierungsunternehmen, seinem Händlernetzwerk und dem Kunden erleichtern. Informationsasymmetrien, beispielsweise wenn Händlern der Einblick in Kundenvertragsdetails fehlt oder Finanzierungsunternehmen Angebote nicht mit dem physischen oder eingehenden Lagerbestand abgleichen können, führen zu Blockaden und beeinträchtigen die Kundeninteraktionen. Dies stellt ein Haupthindernis für ein effektives Lifecycle-Management dar.
Geschäftsprozessgestaltung
Technologie ermöglicht Prozesse, doch diese müssen bewusst gestaltet und konsequent umgesetzt werden. Erfolgreiches TCM (Technology Customer Management) etabliert klare Protokolle für die Kundenkommunikation. Diese erfolgen nicht unbedingt zu festgelegten Meilensteinen im Kundenlebenszyklus, sondern vielmehr dann, wenn die Daten den optimalen Kontaktpunkt aufzeigen. Dies hängt von einer Reihe von Variablen ab – einem dynamischen Gefüge, das typischerweise nicht zu vordefinierten Zeitpunkten eines Vertrags auftritt.
Entscheidend ist, dass diese Prozesse im gesamten Händlernetzwerk einheitlich angewendet werden. Unterschiede in der Umsetzung, bei denen einige Händler das Lifecycle-Management hervorragend beherrschen, während andere es vernachlässigen, untergraben die gesamte Strategie. Die erfolgreichsten Captive-Unternehmen investieren daher stark in die Händlerschulung, bieten klare Anreizsysteme, die auf die Kundenbindungsziele abgestimmt sind, und überwachen die Einhaltung der etablierten Prozesse.
Organisationsdenken
Das letzte und oft schwierigste Element ist der Mentalitätswandel. TCM erfordert von Unternehmen einen Wandel von produktzentriertem zu kundenzentriertem Denken. Anstatt ihre Rolle in der Abwicklung von Transaktionen zu sehen, müssen Teams verstehen, dass sie Beziehungen managen, die sich über Jahre und verschiedene Kanäle erstrecken.
Dieser Mentalitätswandel hat Auswirkungen auf das gesamte Unternehmen. Vertriebsteams müssen sich ebenso auf Kundenbindung wie auf Neukundengewinnung konzentrieren. Finanzunternehmen müssen Vertragslaufzeiten nicht als Ende, sondern als Chance begreifen. Händler müssen erkennen, dass ihre wertvollsten Kunden oft diejenigen sind, die bereits in ihrer Datenbank erfasst sind, und nicht neue Interessenten, die den Laden betreten.
Darüber hinaus müssen Unternehmen eine langfristige Rentabilitätsperspektive einnehmen. Die erste Transaktion im Lebenszyklus mag nur geringe Margen abwerfen, insbesondere wenn Herstellerzuschüsse berücksichtigt werden. Der eigentliche Wert entsteht erst über mehrere Lebenszyklen hinweg, jedoch nur, wenn das Unternehmen Disziplin wahrt und in die Kundenbeziehung investiert, selbst wenn die unmittelbaren Erträge begrenzt erscheinen.
Maximierung der Chancen über mehrere Lebenszyklen hinweg
Mit der richtigen Grundlage können firmeneigene Finanzierungsgesellschaften die Chancen über den gesamten Lebenszyklus hinweg systematisch maximieren. Die Strategie greift auf mehreren Ebenen gleichzeitig.
Auf Kundenebene beginnt die proaktive Kundenansprache lange vor Vertragsende. Führende Unternehmen pflegen während der gesamten Vertragslaufzeit regelmäßigen Kontakt, nicht erst kurz vor der Verlängerung. Dieser kontinuierliche Beziehungsaufbau schafft Vertrauen und positioniert den herstellereigenen Versicherer und den Händler als Partner und nicht nur als reine Finanzdienstleister.
Auf Fahrzeugebene stellt ein ausgeklügeltes Restwertmanagement sicher, dass Fahrzeuge nach ihrer ersten Leasinglaufzeit optimal für ihren zweiten Lebenszyklus positioniert sind. Dies erfordert eine präzise Festlegung des anfänglichen Restwerts, proaktive Wartungsprogramme während der ersten Leasingperiode sowie effiziente Inspektions- und Aufbereitungsprozesse bei der Rückgabe.
Fahrzeuge, die in exzellentem Zustand und mit vollständiger Servicehistorie zurückgegeben werden, erzielen Höchstpreise und lassen sich leichter wieder leasen. Darüber hinaus sind diese Autos für Händler wahre Goldgruben, und der Wiederverkaufswert steigt noch weiter, wenn das Fahrzeug neu verkauft und vom ursprünglichen Händler gewartet wurde.
Auf Portfolioebene ermöglichen TCM-Plattformen Finanzunternehmen ein systematisches Management ihrer Kundenbindungsziele. Anstatt auf die Rückkehr von Kunden zu hoffen, können Unternehmen konkrete Ziele für die Kundenbindungsrate festlegen, die Performance in Echtzeit überwachen und gezielte Maßnahmen ergreifen, wenn Segmente oder Regionen hinter den Erwartungen zurückbleiben. Diese Transparenz auf Portfolioebene macht Kundenbindung von einer Kunst zu einer Wissenschaft.
Das Gebot der Händlerpartnerschaft
TCM funktioniert ohne effektive Händlerpartnerschaften schlichtweg nicht. Händler sind der entscheidende Kundenkontaktpunkt, doch ihre Anreize decken sich nicht immer mit den Zielen über den gesamten Lebenszyklus hinweg. Erfolgreiche herstellereigene Finanzierungsgesellschaften beheben diese Diskrepanz durch eine Kombination aus Schulung, Unterstützung und Anreizen.
Sie helfen Händlern, den Kundenwert langfristig zu verstehen und zeigen auf, dass ein Kunde im zweiten oder dritten Kundenzyklus geringere Akquisitionskosten und eine höhere Abschlusswahrscheinlichkeit aufweist als ein Neukunde. Sie bieten Tools und Unterstützung, die das Kundenlebenszyklusmanagement vereinfachen, anstatt die Händler zusätzlich zu belasten. Zudem strukturieren sie Programme, die Kundenbindung gezielt belohnen und so sicherstellen, dass Händler konkret davon profitieren, Kunden im Ökosystem zu halten.
Ich freue mich auf
Mit Blick auf das Jahr 2026 und darüber hinaus wird die strategische Bedeutung des Fahrzeuglebenszyklusmanagements (TCM) weiter zunehmen. Die steigende Akzeptanz von Elektrofahrzeugen, veränderte Mobilitätspräferenzen und wachsende Kundenerwartungen an den Fahrzeugbesitz unterstreichen den Wert eines ausgefeilten Lebenszyklusmanagements. Kunden betrachten Fahrzeuge zunehmend als Dienstleistungen und nicht mehr als Vermögenswerte, wodurch sie offener für langfristige Partnerschaften mit vertrauenswürdigen Finanz- und Händlerpartnern werden.
Für konzerneigene Finanzierungsgesellschaften, die bereit sind, in Technologie, Prozesse und Denkweise zu investieren, bieten sich erhebliche Chancen. Die Zahlen sprechen für sich: Jeder Prozentpunkt Verbesserung der Kundenbindungsrate führt direkt zu höheren Gewinnen im Finanzierungs- und Sanierungsbereich. Noch wichtiger ist, dass Bestandskunden weniger Aufwand verursachen, niedrigere Ausfallraten aufweisen und einen höheren Kundenwert generieren als neu gewonnene Kunden.
Die herstellereigenen Finanzierungsgesellschaften, die in diesem Umfeld erfolgreich sein werden, sind diejenigen, die TCM nicht als Abteilungsinitiative, sondern als Unternehmensstrategie begreifen. Sie verstehen, dass in einer Branche, die auf Kundenbeziehungen und wiederkehrenden Einnahmen basiert, die Fähigkeit, Kunden über mehrere Fahrzeuglebenszyklen hinweg zu begleiten, den entscheidenden Wettbewerbsvorteil darstellt. Die Technologie ist vorhanden, die Prozesse sind erprobt und der Business Case ist eindeutig.
Was bleibt, ist die Entschlossenheit zur Umsetzung und die Disziplin, den Fokus auf den gesamten Kundenlebenszyklus statt auf die einzelne Transaktion zu richten. Wer diese Disziplin beherrscht, wird sich tatsächlich mehrfache Erfolge sichern und in einem zunehmend herausfordernden Markt nachhaltiges Wachstum erzielen.
Paul Bennetts Expertise hält Madox Square LLP im dynamischen Automobilsektor auf Kurs. Mit einer gelungenen Mischung aus Strategie, partnerschaftlicher Zusammenarbeit und einem ausgeprägten Gespür für neue Trends sorgt er dafür, dass seine Mandanten für die Zukunft bestens aufgestellt sind. Und wenn man seine Zeiten auf dem Rudergerät als Maßstab nimmt, wird er die Ziellinie wohl als Erster überqueren – mit einem Keks von Rich Tea in der Hand.



